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Mirjam Unger

Filmemacherin
  • MENSCHLICHE DINGE von Karine Tuil (2020)

In Frankreich mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet, verhandelt dieser atemlose Roman die allmähliche Zerstörung der Beziehung zwischen Mann und Frau. Alle Generationen kommen zum Zug. Wir erleben einen ständigen Perspektivenwechsel. Mal aus der Sicht der Feministin Claire, mal aus der Färbung des narzisstischen Fernsehjournalisten Jean, dann wieder aus dem Blickwinkel ihres Sohnes Alexandres, der wegen Vergewaltigung angezeigt wird. Am Punkt. Klug. Dieser Erfolgsroman besticht in allen Einzelheiten. Durch die wechselnde Identifikation mit den handelnden Personen sind wir aufgefordert unser Urteilsvermögen zu hinterfragen. Mehr als ein weiterer Beitrag zur MeToo- Debatte.

  • ANKLAGE VATERMORD von Martin Pollack (2002)

Ein Jahrhundertfall wird minutiös und fesselnd aufgerollt, der Fall Halsmann. Der jüdisch-lettische Arzt Morduch Max Halsmann kommt 1928 in den Tiroler Bergen zu Tode und sein Sohn, der Unschuld beteuert, ins Gefängnis. Dieses europäische Sittenbild über Antisemitismus und tendenziöse Justiz ist aktueller denn je und unfassbar gut recherchiert. Spannend vom ersten Buchstaben an, fein gezeichnet reflektiert der Roman über Urteilsfähigkeit, Meinungsbildung und Wahrheitssuche. Pollack beschreibt die Prozesse, als wäre man dabei. Die österreichische Affaire Dreyfuss, wenn man so will. Brilliant.

  • GLÜCK IST WAS FÜR AUGENBLICKE von Christine Nöstlinger (2013)

Es ist kein Geheimnis, wie stark ich mich mit Christine Nöstlinger und ihren Freundinnen aus der Jugend- und Kinderliteratur wie etwa Mira Lobe oder Renate Welsh verbunden fühle. Mit diesen autobiografischen Notizen hat sie Erinnerungen aus ihrer Kindheit und Jugend da gelassen. Erzählungen, wie ein Gespräch mit ihr, bildhaft, humorvoll, mit dem Alltag verbunden. Das Buch war eine Bibel für mich während der Dreharbeiten zur Verfilmung ihres Romans „Maikäfer flieg“. Es zu lesen ist eine österreichische Zeitreise ins Nöstlinger Wien der 30er und 40er Jahre. Oft wünschte ich mir Nöstlinger hätte mehr und öfter für Erwachsene geschrieben. Dieses Buch richtet sich ausnahmsweise nicht an Kinder, auch wenn Kindheit das zentrale Thema bleibt. 

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Mirjam Unger, Filmemacherin, geboren 1970, schreibt Drehbücher und führt Regie bei Spiel- und Dokumentarfilmen für Kino und Fernsehen. 

05 mirjam unger by pamela rußmann
Mirjam Unger (Foto: © Pam Russmann)

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